wöchentliche Kolumne

Bild von Brigitte Koischwitz

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Wie schon lange nicht mehr, hängt unser Kirschbaum voll mit roten Früchten, dermaßen üppig, dass einige Äste sich biegen und weit herunterhängen.

Eine feine Sache, da muss man sich nicht groß bemühen, wächst einem die rote Pracht doch, wie im Schlaraffenland, direkt in den Mund. Eine riesige Schar Stare hatte diese Herrlichkeit sehr schnell entdeckt und schon mehrmals mit großem Interesse und laut plappernd umrundet. Doch immer wieder ist diese schillernde Gesellschaft, auch wieder abgedriftet. Stare sind von Haus aus sehr kluge Vögel und was Kirschen anbelangt, wohl wahre Meister der Einschätzung. Sekundenschnell huschten sie im Flug um den Baum ihrer roten Begehrlichkeiten herum, doch ein einziger Blick reichte ihnen, zu erkennen, dass sich keine Landung lohnte. Denn schließlich handelt es sich hier um eine sehr späte Kirsche, die erst eine Woche nach dem Kirschenmarkt richtig ausgereift ist. Sie ist nicht nur eine späte Kirsche, sie zählt auch zu den Knorpel-, oder Knupperkirschen, die derart hart im Fleisch sind, dass sie den Staren glatt aus den Schnäbeln flutscht.

All diese Modalitäten haben die Vögel wohl im Flug erkannt und seitdem ist unser Baum für sie nicht mehr relevant. So gesehen bleibt der Früchtesegen ganz für uns. Doch wo hier kiloweise geschwelgt werden kann, sieht es am anderen Ende des Gartens absolut spärlich aus. Denn wir haben es getan, gemäß dem Spruch, „wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“ und einen Apfelbaum gepflanzt! Dieser müht sich nun seit zwei Jahren, ein Baum zu werden und hat in diesem Jahr, man höre und staune, seinen ersten Apel hervorgebracht. Die Entdeckung dieser noch erst sehr kleinen, grünen Frucht, hat familiär reine Begeisterung ausgelöst. Jeden Tag schlichen wir nun am Bäumchen vorbei, ließen ihm zusätzliche Wasserrationen zukommen und schütteten Kaffeesatz, Eierschalen und sonstige wachstumsfördernde Ingredienzien um seinen kleinen Stamm.  Bis hier allerdings an Ernte zu denken sei, brauchte es noch eine Weile.

Auch hinderte es uns nicht, davon zu träumen wie wir eines Tages, mit laut knackigem Geräusch, in diesen süßen Apfel beißen würden. Doch dann kam er, der Sturm! Das kleine Bäumchen hatte schwer zu kämpfen, seine noch dünnen Äste bogen sich ohne Gegenwehr hin und her, bis das Schreckliche geschah! Der noch winzige Apfel fiel unter dem Getöse der Naturgewalten, lautlos zu Boden. Fürsorglich hoben wir ihn auf, doch uns war klar, keine Macht der Welt brachte ihn an den Ast zurück! Ziemlich traurig darüber, haben wir uns dann wieder unseren Kirschen zugewandt und reichlich Eimer für die erhoffte Ernte bereitgestellt.